Arbeitszimmer - Werdegang Kneipp
Raum 11
Arbeitszimmer und Werdegang
Treten Sie nun ein in den Arbeitsbereich von Pfarrer Kneipp und erkunden Sie den Raum am besten im Uhrzeigersinn. Zu Ihrer Linken, gegenüber seinem nachgestellten Empfangszimmer, sehen Sie Zeugnisse und Objekte aus Kneipps Zeit vor Wörishofen: als Primiziant in Ottobeuren, als Kaplan in den Orten Biberbach und Boos und schließlich als Stadtkaplan in Augsburg. Überall war er ungemein beliebt, und als klar war, dass Kneipp nach Wörishofen solle, taten sich in Augsburg ganze Delegationen an Eltern zusammen, um sein Weggehen zu verhindern. Trotz allem wurde Kneipp Beichtvater im Dominikanerinnenkloster von Wörishofen, welches er gleichzeitig auch wirtschaftlich wieder auf eigene Füße stellen sollte. Und so kam es auch, dass Kneipp seine ersten Publikationen nicht etwa zu naturheilkundlichen Themen, sondern zu landwirtschaftlichen Belangen verfasste. Er konstruierte Entwässerungssysteme, führte neue Viehzüchtungen ein, veredelte Obstbäume und war ein geschätzter Imker. Er schrieb regelrechte Handbücher für Landwirte und Viehzüchter. Im Jahre 1880 wurde der überaus eifrige und engagierte Kneipp schließlich mit 60 Jahren zum Pfarrer von Wörishofen: Den Schlüssel als Symbol der Pfarreiübernahme und das Altarmessbuch können Sie in der Vitrine rechts sehen.
Das schwäbische Dorf Wörishofen blieb von den therapeutischen Tätigkeiten und der Lehre Pfarrer Kneipps nicht unberührt. Nachdem ihn immer mehr Gäste und Notleidende aufsuchten, wandelte sich der Ort: Die Bürger richteten Räume in den eigenen Behausungen als Gästezimmer her und bald wurden sogar neue Häuser gebaut. Die Wörishofener standen dem ständig zunehmenden Kurbetrieb aber nicht immer positiv gegenüber: Denn die Gäste brauchten nicht nur Unterkünfte, Pfarrer Kneipp schickte sie zum Tautreten auf die Wiesen, die Damen gingen zum Wassertreten an den Bach. Bald schon galt Wörishofen in manchen Tageszeitungen als ein „sündiges Dorf“. Der Erfolg aber gab Kneipp recht: Mit seinen Büchern „Meine Wasserkur“, „So sollt ihr leben“ und schließlich „Mein Testament“ verbreitete er seine Lehre in alle Welt.
Immer mehr Gäste suchten das kleine Dorf auf, und erfinderisch wie er war, bemühte sich Kneipp um eine gute Infrastruktur. Für das neu errichtete Männerbad in der Promenadestraße ließ er von seinem Berater Ludwig Geromiller eine Pumpanlage konstruieren, um die Wassergüsse nicht mehr mit der Gießkanne, sondern mit einem Schlauch verabreichen zu können. Mittlerweile hatte Kneipp auch allerhand neue Gebäude & Einrichtungen gestiftet.
Gegenüber dem Männerbad erhielten Frauen in einer weiteren Halle ihre Behandlungen. 1890 entstand das Priesterkurhaus, heute Sebastianeum genannt, und es folgten das Kinderasyl und schließlich das Kneippianum. Angezogen von derlei Angeboten, kamen Gäste jeden sozialen Standes und aus aller Welt nach Wörishofen: Von Skandinavien bis Spanien, von der Türkei bis Amerika. Die Wörishofener von damals waren umgeben von fremdländischen Stimmen; die Vielfalt der Trachten können Sie noch heute auf den zahlreich erhaltenen Fotos der Kurgäste bestaunen. Nicht selten waren unter ihnen übrigens auch prominente Persönlichkeiten: Erzherzog Joseph von Ungarn-Österreich zum Beispiel stiftete als dankbarer Patient und Verehrer Kneipps den Kurpark in Wörishofen: Die ersten Bäume dafür ließ er tatsächlich aus Budapest importieren.
Er war es auch, der ein gutes Wort für Kneipp bei Papst Leo XIII. einlegte. Kneipps Romreise im Jahr 1894 war sicherlich der Höhepunkt seiner Karriere: Das bequeme Reisegewand des Pfarrers sowie weitere Reiseutensilien sehen sie in einer der hohen Vitrinen. Schräg gegenüber ist ein weit festlicheres Gewand ausgestellt. In Rom empfing ihn der Papst in ganzen vier Privataudienzen: Zum Päpstlichen Geheimkämmerer ernannt, trug er künftig den Titel Monsignore.